Homeoffice in Zeiten der Krise. Produktiv? Oder eigentlich Urlaub?
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Zu Hause arbeiten und das vermutlich über Wochen. Das Coronavirus ändert unser Leben und damit auch unser Arbeitsleben. Das birgt zahlreiche Herausforderungen. Denn Homeoffice führt zu einer ganz engen Vernetzung und Überlappung von Beruf und privat. Mit ganz vielen Bildern im Kopf, was denn das alles bedeuten mag. Dabei ist das Arbeiten von zu Hause aus mit Laptop, Handy und laufendem Austausch mit Kollegen und dem Chef im 21. Jahrhundert eigentlich alles andere als ungewöhnlich. Doch für gar nicht so wenige ist es immer noch ein sprichwörtliches „rotes Tuch“: Kann Homeoffice wirklich produktiv sein? Oder ist es doch nur ein anderes Wort für „Urlaub“?
Die Ausbreitung des Coronavirus ist in diesen Wochen das alles überdeckende Thema in Österreich, ja letztlich auf der ganzen Welt. Täglich erhöht sich die Zahl der Infizierten. Maßnahmen wie geschlossene Schulen und Universitäten, Geschäfte und Unternehmen wurden umgesetzt. Wenn möglich soll von zu Hause aus gearbeitet werden. Homeoffice, Remote Work oder Teleworking sind dabei Begriffe, die in den Medien oder auch in der persönlichen Kommunikation intensiv wie nie zuvor herumgeistern.
Wer mit Homeoffice noch keine Erfahrung gemacht hat, für den hört sich das nach „daheim arbeiten auf der Couch“ an. Und: „Da kann einem nach ein paar Tagen dann schon die Decke auf den Kopf fallen.“ „Auf sich alleine gestellt, niemanden zum persönlichen Austauschen – nur der Laptop und ich?“ Da haben wir sie schon: Die Klischeekiste, die mit Homeoffice ungefähr so viel zu tun hat wie die Sichtweise von so mancher Führungskraft, Homeoffice würde automatisch dazu führen, dass die Mitarbeiter nicht mehr produktiv sind.
Provokant gefragt: Bedeutet Anwesenheitszeit im Büro wirklich gleichzeitig auch Produktivität? Ist Produktivität wirklich immer an gewisse Orte gebunden? Geht es hier nicht viel mehr um Mindset, Wissen, Instrumente, Zielsetzungen und Ausrichtungen, Organisation und Prozesse, Teamwork, Führung und ja wieder einmal um Kommunikation?
Hier unsere Impulse für Sie als Führungskraft und als Homeoffice-Mitarbeiter
- Das richtige Mindset: Gehen Sie – egal ob Führungskraft oder Mitarbeiter – positiv an das Thema Homeoffice heran.
- Homeoffice ist in diesen Tagen und Wochen ein wichtiges Instrument, um die individuelle und kollektive Gesundheit der Menschen in unserem Land zu schützen. Und Menschen, die sich um ihre eigene Gesundheit sorgen, stufen berufliche Aufgaben gedanklich oder auch im Tun in ihrer Priorisierung deutlich herunter.
- An- und Abfahrtszeiten fallen weg, das schafft mehr private Zeit aber auch Zeit für berufliche Projekte im Homeoffice.
- Die Mitarbeiter können private Themen leichter mit dem Beruf verweben. Eltern, die im Firmenbüro sitzen und dauernd im Kopf haben, ob die Kinderbetreuung in diesen Tagen auch wirklich gut funktioniert und dauernd auf die Uhr blicken, wann sie loskönnen, werden automatisch an Produktivität verlieren.
- Richtig eingesetzt können die Mitarbeiter im Homeoffice in Ruhe in einem Stück an Projekten arbeiten und legen damit an Effizienz und Effektivität zu.
- Denken Sie (auch) in Homeoffice-Arbeit zielgerichtet: Machen Sie sich einen klaren Plan: Was wollen Sie diese Woche/diesen Tag erreichen? Welche Projekte sollen bis zu welchem Punkt vorangetrieben oder abgeschlossen sein?
- Planen Sie so wie im „normalen“ daily business Zeiten für den Austausch im Team ein – mit virtuellen Teamplattformen, Skype oder auch Slack, Email bzw. als Telko.
- Machen Sie auch im Homeoffice kurze Pausen, aber bleiben Sie am Thema dran. Viele Menschen tun sich schwer, die örtliche Überlappung nicht als Situation wahrzunehmen, in der berufliche und private Arbeiten gleichzeitig zu leisten sind bzw. zueinander in Konkurrenz stehen.
Nützen Sie die zeitliche Flexibilität, die Ihnen als Mitarbeiter nur Homeoffice gibt. Wenn Sie lieber in den Abendstunden in Ruhe an einem Thema arbeiten und das im Ablauf des Unternehmens gut möglich ist, spricht nichts dagegen. Passen Sie aber auf, dass alles in Balance bleibt.
- Auf das richtige Setting kommt es an:
- Ein funktionierender Computerarbeitsplatz mit Internetzugang, VPN-Zugang und den notwendigen Software-Packages für die Arbeit bzw. den virtuellen Austausch sind das grundlegende Werkzeug für Homeoffice.
- Im Idealfall kann ein ruhiger Raum genützt werden. Persönliche Vorlieben für gutes Arbeiten soll ein Homeoffice-Mitarbeiter nützen; ob jemand im Garten am Tisch sitzend oder im eigenen kleinen Büro im Haus arbeitet, hat per se nichts mit Produktivität zu tun, sondern mit persönlichen Vorlieben und natürlich auch mit den räumlichen Möglichkeiten, die es gibt. Wichtig ist: Möglichst ruhig, für den Mitarbeiter möglichst angenehm und möglichst stabil soll der Homeoffice-Platz sein. Es ist optimal, wenn der Arbeitsplatz rasch einsatzbereit ist, im Idealfall sogar bleiben kann und nicht jeden Tag weggeräumt werden muss (Stichwort „Bürotisch“ versus „Esszimmertisch“).
- Ja, Homeoffice braucht auch Kommunikation und Führung, ehrlich…
- Als Führungskraft bitte den Informationsfluss und die Arbeitspakete anpassen: Es macht einen Unterschied, ob der Mitarbeiter zwei Tische weiter sitzt oder virtuell über Homeoffice im Prozess eingeklinkt ist. Also bitte Aufgaben klar strukturieren und damit möglichst nachfragefrei machen. Erfordernisse, Rahmenbedingungen und Ziele noch strukturierter und deutlicher kommunizieren als im Büroalltag.
- Vertrauen Sie Ihrem Homeoffice-Mitarbeiter. Unterliegen Sie nicht der Versuchung, dauernd nachzufragen, wie der Status ist, „ob eh gearbeitet wird“ oder virtuell in Mikromanagement einzutauchen. Geben Sie Meilensteine und Ziele vor, die Sie gemeinsam mit dem Homeoffice-Mitarbeiter zu gewissen Zeiten checken.
- Seien Sie aber als Führungskraft gleichzeitig gut für Ihre Homeoffice-Mitarbeiter erreichbar und „tauchen Sie nicht unter“. Die Mitarbeiter brauchen Sie gerade aufgrund der örtlichen Distanz als Ansprechpartner, niemand will „sich alleine gelassen fühlen“.
- Und ja, nützen Sie als Führungskraft die verfügbaren Medien. Das heißt nicht, dass Sie jedes Mal einen anderen Kanal verwenden sollen, das bringt keine Stabilität in einen Prozess. Aber Sie können zwischendurch einmal ergänzend zur Slack-Nachricht auch einmal einen Videocall oder einen Anruf machen und sich erkundigen, wie es Ihren Homeoffice-Mitarbeitern geht. Denn: Empathie ist gerade beim Homeoffice gefragt. Die beruflichen sozialen Kontakte sind vollständig virtuell, das ist letztlich distanzierter und weniger unmittelbar als das persönliche Gespräch. Versuchen Sie das immer wieder zu kompensieren, so gut es geht.
- Lassen Sie als Führungskraft auch die „virtuelle Kaffeepause mit Kollegen“ zu. Auch wenn das hartgesottene Manager nicht glauben wollen: Wertschöpfung und Wertschätzung sind untrennbar miteinander verbunden.
Fazit
Homeoffice bietet viele Chancen, es ist letztlich nicht nur ein Kriseninstrument, das man jetzt als Unternehmen „wohl oder übel“ ziehen muss. Es ist vielmehr ein Tool, das der heutigen Wertewelt der Arbeitnehmer und den Ansprüchen an eine moderne Arbeitswelt entspricht. Es wird daher nach der Coronavirus-Krise weiter stark an Bedeutung gewinnen. Und es wird noch viel alltäglicher werden, als sich das so mancher Entscheider heute vorstellen mag.
Haben Sie dazu Kommentare oder Rückfragen? Dann freue ich mich auf Ihre Nachricht: office@cs2.at