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Clubhouse: Top oder Flop für die Unternehmenskommunikation?

MMag. Dr. Peter Weixelbaumer
Strategie & Consulting, CEO cs2 Communication & Strategy Services

Mit Hypes ist das so eine Sache: Sie verschleiern oftmals den Blick. Die App „Clubhouse“ ist aktuell im DACH-Raum so ein Hype, sie geht bei uns gerade sprichwörtlich durch die Decke. Dabei ist Clubhouse nicht neu, die App wurde im Frühjahr 2020 in den USA gelauncht. In Mitteleuropa konnte sie erst spät in 2020 zaghaft Fuß fassen. Noch im Dezember 2020 hatte sie 600.000 User1– und das weltweit. Für eine internationale App ist das eine durchaus überschaubare Userzahl.

CLubhouse Top oder Flop, Symbolbild Straßenschild, cs2 Communiaction & Strategy Services
Pexels

Seit Januar verbreitet sich Clubhouse aber fast viral – zumindest in den Zirkeln der Influencer, Meinungsführer, Early Adopters und in der Start-up- bzw. Kommunikatorenszene. Aber in der Bewertung ist Clubhouse schon viel weiter: Anfang 2021 wurde die App mit einer Milliarde Dollar bewertet.2 Ganz schön Schmackes – das zeigt, dass der App großes Potential zuerkannt wird. Doch was steckt wirklich dahinter? Was kann die App? Ist sie gerade nur eine hippe Modeerscheinung oder hat sie Potential für mehr? Und vor allem: Macht sie auch für Unternehmen Sinn?

Clubhouse in einem Satz

Clubhouse kann man wie einen interaktiven Live-Podcast beschreiben.

Bilder und Texte spielen bei Clubhouse also momentan keine zentrale Rolle, die Botschaftsvermittlung erfolgt über Audio in sogenannten „Rooms“. Diese Rooms sind nichts anderes als digitale Plattformen, die von Mitgliedern der App per Klick geöffnet bzw. auf einem Kalender angekündigt werden können. In so einem Room finden sich aktive Diskutanten und Moderatoren gemeinsam mit einer Audience zu einem Thema oder Motto zusammen.

Die Themenvielfalt ist schon jetzt enorm. In vielen Fällen geht es um Start-ups, Digitales und Themen aus der Businesswelt. Über den Button „explore“ kann man in die Weite von Clubhouse abtauchen. Eines vorweg: Der Großteil der Diskussionen findet auf Englisch statt, aber Diskussionen auf Deutsch ziehen aufgrund des Hypes gerade stark an.

Es müssen allerdings nicht nur Diskussionsrunden sein, es gibt auch „one man shows“, bei denen eine einzelne Person zentral auf der virtuellen Bühne steht und einen Monolog hält oder die Audience zur Diskussion einlädt – so quasi nach dem Motto „ask me anything“.

Zusätzlich zu den Rooms gibt es „Clubs“. Das sind Zusammenschlüsse von Mitgliedern der App zu einem gewissen Thema oder mit einer gewissen Gemeinsamkeit, die die Club-Mitglieder aufweisen. Ein Beispiel ist der CEO Club. Die Mitgliedschaft im jeweiligen Club ist vom Club-Initiator steuerbar, d.h. will man einem Clubhouse Club beitreten, muss man zuerst eine Anfrage absetzen – und der Club-Initiator muss diese bestätigen.

Ein bisschen Text und Bild geht doch…

Jedes Mitglied von Clubhouse hat ein eigenes Profil. Die Profile sind aber im Vergleich zu anderen Social Media Kanälen eher minimalistisch: Foto, Name, Beschreibung, Links zu Instagram und Twitter. Und dann ist noch ersichtlich, wer die Followers des eigenen Profils sind und wem man selbst folgt.

Abschließend werden auf der Profilseite noch die Clubs angezeigt, in denen man Mitglied ist. Und: Am Ende des Profils scheint jenes Clubhouse-Mitglied auf, von dem man zu Clubhouse eingeladen wurde. Denn die App gibt sich aktuell vordergründig noch restriktiv, wie man ihr beitreten und Mitglied werden kann. Man braucht die Einladung eines bestehenden Mitglieds, sonst kommt man nicht rein und kann sich höchstens auf eine Warteliste setzen lassen.

Verknappung schafft starken Pull

Diese künstliche Verknappung gibt der bis dato kostenlosen App einen exklusiveren Touch, gleichzeitig wissen die Eigentümer, dass genau damit die Pullwirkung angeheizt wird. Viele wollen einfach dabei sein, weil Clubhouse gerade schick ist und es das psychologische Momentum gibt, man gehöre zu einem „ausgewählteren Kreis, in den nicht jeder, der möchte, einfach eintreten kann“.

Ist man einmal Mitglied, geht die Verknappung weiter: Clubhouse knausert mit der Anzahl an „invites“, die man versenden kann. Je höher die Erfolgsquote bei Einladungen aber ist und je aktiver man Clubhouse benützt, desto rascher bekommt man immer wieder neue Invite-Kontingente. Ganz schön clever, Clubhouse! ;-)

Ebenso clever oder wohl treffender gesagt offensiv ist der Umgang der App mit Daten: Clubhouse arbeitet mit den jeweiligen Mobiltelefonnummern der User. Wer hier zurückhaltend ist und Daten nicht freigibt, wird in der App nicht recht weit kommen. Das Thema Datenschutz ist ein wesentlicher Kritikpunkt, der Clubhouse aktuell entgegengebracht wird.3

Vordergründig nicht so clever scheint, dass Clubhouse aktuell nur über iOS von Apple verwendet werden kann. Es wird aber schon an einer Android-Lösung für die App gearbeitet. Eine zeitnahe Bereitstellung ist naheliegend. Dann geht die User-Offensive auch in der Android-Reichshälfte munter weiter.

„hot stuff“ oder „viel heiße Luft“?

Aber was kann die App jetzt wirklich, außer momentan in aller Munde der Social Media Community und der Digi Affinen zu sein? Und inwiefern könnte die App für Unternehmen und ihre Kommunikation interessant sein?

Schon jetzt ist wie skizziert das Angebot an Diskussionen enorm, die Themenvielfalt ist riesig – und das bei einer im Vergleich zu anderen Social Media Plattformen immer noch überschaubaren Useranzahl. Das ist gleichzeitig auch ein Potential: Man kann zwar als Clubhouse-Mitglied seine Interessensfelder definieren und erhält damit passende Diskussionsvorschläge direkt aufs Handy, aber das gezielte Filtern hat noch Luft nach oben.

Wenn jemand, mit dem man als Follower verbunden ist, mit einem Room eine Diskussionsrunde startet, erhält man eine Information aufs Handy. Gleichzeitig kann man seine Follower „pingen“, d.h. wenn man selbst aktiv ist, kann man sie mit einem Signal aufs Handy darauf aufmerksam machen. Es tut sich also einiges auf Clubhouse und die App ist eine Plattform, in der man sich zeitlich und inhaltlich verlieren kann – und das 24/7. Effizienz und Effektivität sind also auch hier wesentliche Steuerungsgrößen des Social Media Managements.

Die wesentliche zentrale Stärke von Clubhouse liegt darin, bunte Gesprächsrunden mit spannenden Persönlichkeiten mit einer Flexibilität und Leichtigkeit zusammenzustellen, die man für eine traditionelle On-Site-Veranstaltung niemals so vorfinden würde. Denn egal wo der Diskussionspartner auf diesem Planeten sitzt, er ist quasi mit einem Klick dabei, sobald er Internetzugang hat und auf Clubhouse als Member registriert ist. Wenn also Clubhouse noch breiter in den Entscheider- und Meinungsführerkreisen verankert ist, hat sie als Diskussions- und damit auch Positionierungsplattform einen attraktiven Hebel und sollte in der Unternehmenskommunikation gezielt genützt werden.

Vorsicht ist aber geboten, welche Telefonnummer für das Profil verwendet wird. Es sollte die zu positionierende Person z. B. aus der First Line einer Organisation geschützt werden und eine Kommunikatoren-Nummer verwendet werden - vor allem dann, wenn das Management der Clubhouse-Kommunikation ohnehin an den Kommunikator delegiert werden soll und der Vorstand eben nur für gewisse Diskussionsrunden beigezogen wird. Ein CEO, bei dem regelmäßig am Display Gesprächsrunden von Clubhouse aufpoppen, wird damit kaum Freude haben. ;-)

Eine Stärke und zugleich Schwäche der Clubhouse-Diskussionen ist der Live-Charakter: Wer ins Mikro spricht, ist live „on stage“ und „on air“, es gibt nichts „aus der Dose“. Das macht alles authentischer, wirkt auch dynamischer und weniger „abgeschliffen“. So kommt auch dem Moderator bzw. den Moderatoren eine wichtige Rolle zu, die Diskussion gut laufen zu lassen und ggf. auch Teilnehmer aus der Audience (die per virtuellem Handzeichen auf die Bühne wollen) zum richtigen Moment in die Gesprächsrunde einzulassen.

Man sollte aber natürlich mit Live-Situationen umgehen können. Ein Trost für jene, die vor öffentlichen Live-Situationen Respekt haben: Es gibt keine Aufzeichnung, Clubhouse würde eine solche als Regelverstoß sehen.

As always: Contentmüll bleibt bloß Contentmüll

Doch wie bei Kommunikation generell ist auch bei Clubhouse trotz des aktuellen Hypes nicht alles Gold was glänzt: Der Anteil an großem Getöse bei Angeboten mit gleichzeitig magerem Inhalt ist beträchtlich. Nur weil man Kommunikation fesch in einem Diskussionstitel verpackt oder nicht scheu ist, sich bei jeder Diskussion als Diskutant zu Wort zu melden, heißt das noch lange nicht, dass die Inhalte wirklich relevant und valide sind bzw. den gewünschten Mehrwert bringen. So trennt sich auch hier rasch Spreu von Weizen: Diejenigen, die sich schon auf Facebook, Instagram oder YouTube gerne inszeniert haben, tun das auch auf Clubhouse. Und die First Movers nützen hier aktuell geschickt den Moment des Neuen, aber rasch wird sich zeigen, wer wirklich etwas zu sagen hat - und wer eben nicht. ;-)

So ist für den User auch auf Clubhouse wichtig, was generell in der (digitalen) Kommunikation gilt: Der kritische Blick. „Wer ist in der Diskussionsrunde ‚on stage‘“? „Haben die Diskutanten wirklich das Wissen und die Erfahrung zum Thema der Diskussion – oder ist das mehr ein Marketinggag, um Aufmerksamkeit zu erzielen, an der eigenen Positionierung zu feilen und Follower zu generieren?“ Nicht jeder Room macht also für den User Sinn, auch wenn er auf den ersten Blick interessant aussieht.

Positionierung, Aufmerksamkeit, Bekanntheit, Reputation

Und da sind sie schon: wesentliche Schlüsselworte, die auch für die Unternehmenskommunikation interessant sein können. Wir sehen Clubhouse als absolut spannende (ergänzende) Plattform zur Positionierung von Personen bzw. Unternehmen – über Repräsentanten der jeweiligen Organisation, die Kraft ihrer hierarchischen Stellung, ihres Wissens, ihrer Erfahrung, ihrer Meinungskraft, aber durchaus auch aufgrund ihres Charismas, ihres Wortwitzes und ihrer Eloquenz etwas zu sagen haben.

Wenn der CEO oder der Experte der Firma XY in gezielten Diskussionsrunden seine Inputs einbringt und aufgrund seiner Funktion als führender Repräsentant der Organisation auftritt, dann schafft das Aufmerksamkeit und ermöglicht, die eigenen Kernbotschaften glaubhaft an relevante Zielgruppen zu adressieren. Denken Sie Clubhouse also wie erwähnt als weiteren Kanal zur CEO- oder Expertenpositionierung.

Der Kommunikator eines Unternehmens kann leicht einen eigenen Room aufmachen oder in der Folge einen Club (z. B. Branchenclub) öffnen und so seine eigene(n) virtuelle(n) Diskussionsplattform(en) eröffnen – wo er als Moderator oder Clubleiter das Sagen hat und darüber entscheidet, wer im Room/Club dabei ist und wer zu Wort kommt.

Als essentielles Erfolgskriterium in den Diskussionen sehen wir einen „Non-Sales-Sprech“, also den Auftritt als Experten und Leader. Als Diskussionen „getarnte“ Rooms, die in der Wahrnehmung der Audience aber als platte und plumpe Werberunden aufschlagen, werden kaum Erfolg haben. Das ist ähnlich wie bei allen anderen contentgetriebenen Kommunikationsformen: Wer hier sales-driven Fehler macht, beschädigt seine eigene Glaubwürdigkeit und vertreibt seine Audience. Bei Clubhouse wird das besonders ausgeprägt sein.

Plumper Sales: NO! – Einfühlsamer Sales: WHY NOT?

Doch alles ist stets relativ und die feine Klaviatur der Kommunikation macht letztlich nicht nur den Ton, sondern die Musik. Also warum nicht künftig in der Folge Fan-based Rooms aufmachen, wo schon mehr Leidenschaft als Sachlichkeit schlagend, ja letztlich nicht nur zugelassen, sondern fast erwartet wird? Der Übergang zu geschicktem Sales-Sprech ist also fließend. Clubhouse hat so unseres Erachtens auch definitiv das Zeug, Vertriebsimpulse zu setzen – aber eben geschickt, gekonnt und professionell gemacht, wohlgemerkt. ;-)

Clubhouse kann auch die eigene virtuelle Begegnungskommunikation eines Unternehmens bereichern. Klassische analoge Events werden nach Corona wiederkommen und ihre Stärken ausspielen: Die Menschen lechzen nach persönlicher Interaktion und dem Small Talk bzw. Networking rund um ein Event bis hin zum Genießen eines feinen Happens und Tröpfchens nach dem Event. Aber gleichzeitig wird Clubhouse durch seine Flexibilität was Vorbereitung, Timing, Organisationsaufwand und wie umrissen auch den Zugang zu interessanten Menschen weltweit anbelangt, eine leistungsstarke Plattform für Unternehmen werden, die eigene Community mit Infos zu versorgen, durchaus auch mit Infotainment zu unterhalten und an sich zu binden bzw. das eigene Communitynetzwerk zu erweitern. Der durch Corona verstärkte Trend der Digitalisierung von sozialer Interaktion erhält durch Clubhouse ein weiteres kräftiges Zugpferd. Wie so oft werden auch hier die First Movers und die Early Adopters den uneinholbaren Vorsprung herausarbeiten und nützen, während Late Deciders den Dingen hinterherhoppeln werden.

Es macht also absolut Sinn, sich als Kommunikator eines Unternehmens bzw. jeder größeren Organisation sehr zeitnah mit Clubhouse zu beschäftigen und die App in die Überlegungen der Unternehmenskommunikation einzubeziehen. Richtig genützt und nachhaltig in die Kommunikation integriert sehen wir Clubhouse also klar als „Top“ und nur dann als „Flop“, wenn falsch eingesetzt oder mit falschen Erwartungen verknüpft.

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