
MMag. Dr. Peter Weixelbaumer

Gerhard Wölfel (r.), Peter Weixelbaumer – priv. Foto
Gerhard Wölfel war damals Geschäftsführer der BMW Motoren GmbH im oberösterreichischen Steyr. Mit über 4.000 MitarbeiterInnen und einem Umsatz von an die 4 Milliarden Euro zählte das größte Motorenwerk der BMW Group und das konzernweite Dieselmotorenentwicklungszentrum zu den führenden und umsatzstärksten Industriebetrieben Österreichs. Ich begleitete Wölfel als Kommunikationschef und Pressesprecher des Unternehmens. Der gemeinsame Weg von und zur Kantine war so wie das gemeinsame Mittagessen stets ein perfekter Zeitslot…
Fehler! Es wurde kein Dateiname angegeben.G. Wölfel (re), P. Weixelbaumer (li); priv. F.
…ein perfekter Zeitslot, verschiedenste Dinge auf direktem Wege zu klären und sich gegenseitig up-to-date zu halten. Das Gebäude 10 ist das Management-Gebäude des Standortes, hier sind Geschäftsführung, Finance, Einkauf und Corporate Communication konzentriert. Im Werksjargon heißt das Gebäude „Krawattenbunker“. Doch das Management in Werk lebt genau das Gegenteil und ist sehr nahbar: Wer im ZM-Kreis, so heißt die First Line des Unternehmens, agiert, der lernt im Laufe der Zeit fast jede BMWlerin und jeden BMWler am Standort und jede Ecke des Werkes persönlich kennen. Viele unvergessliche Eindrücke und wertvolle Erfahrungen habe ich mir aus dieser Zeit mitnehmen dürfen…
"Was halten Sie von TTIP...?"
…So wie auch jene Begebenheit mit einem Kollegen aus der Motorenmontage, der uns bei unserem Rückweg von der Kantine entgegenkommt. Und nach einem „Mahlzeit“ einige Schritte auf Gerhard Wölfel zumacht und sagt: „Herr Wölfel, darf ich Sie was fragen: Was halten Sie von TTIP?“ TTIP ist ein angepeiltes transatlantisches Handelsabkommen zwischen der EU und den USA – 2013 wurden die Verhandlungen dazu aufgenommen, das schaffte eine starke Öffentlichkeit. Heute ist die Initiative aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden, 2017 wurden die Verhandlungen unterbrochen.
Von Meinungsführern, die Orientierung geben
Wölfel blickt mich kurz mit einem dezenten Schmunzeln an und wendet sich dem Mitarbeiter zu. Ich murmle ein kaum hörbares „Yes!“ vor mich hin. Denn ich hatte Wölfel erst ein paar Wochen davor wieder darauf angesprochen, dass er als Werkleiter weit mehr war als der Chef des Standortes – gerade auch, weil er als sehr mitarbeiterorientiert und umgänglich erlebt wurde und bekannt war. Der Geschäftsführer war für viele ein Meinungsführer und hatte so eine starke Orientierungsfunktion im öffentlichen Diskurs. Ich hatte ich ihm gesagt, dass es mich nicht überraschen würde, falls ihm jemand aus der Belegschaft Fragen zu aktuellen Themen abseits der Kernfragen rund um den Standort, den BMW-Konzern und Automotive stellen würde – und nannte TTIP als Beispiel. And here we go… 🙂
Sprachrohr des Unternehmens mit persönlichem Touch
Welche Themenfelder wir vorab definiert und wie wir diese bearbeitet bzw. uns darauf vorbereitet hatten, steht hier nicht im Fokus. Aber eines ist klar: Als Kopf eines Unternehmens ist man Person und Sprachrohr der Company gleichzeitig – was eine Sensibilität in sich trägt. Bei großen Themenstellungen gibt es sehr of eine Konzernmeinung. Diese ist die klare Absprungbasis, persönliche Färbungen sind authentisch, sollen aber nicht im Widerspruch stehen. Wölfel kam jedenfalls nach dem Gespräch mit dem Mitarbeiter auf mich zu und sagte in seinem bayrischen Dialekt: „Weixelbaumer, Sie sind ein Matz!“ – was für einen Bayern ziemlich weit oben auf der Lobesskala angesiedelt war. 😉
Das CEO-Storytelling: kraftvolle Kommunikation, die wirkt
Diese kleine Anekdote ist ein Beispiel dafür, wie wichtig umfassende CEO-, Geschäftsführer oder Eigentümer-Kommunikation ist – im Denken und im Tun. Dazu ist Vorbereitung essentiell. Und wenn Zeit und Raum für ein etwas weiteres Ausholen des CEO ist, dann ist Storytelling optimal passend. Dabei ist Storytelling nicht zu verstehen als „eine Geschichte erfinden“ – oder wie man in Österreich sagt „ein G’schichtl zu drucken“. Sondern vielmehr: Ein Thema mit einer erläuternden Story, mit bildlicher Sprache zu vermitteln, mit Analogien oder wenn passend auch Anekdoten zu verbinden. So hat eine Antwort zu TTIP im Storytelling rational und emotional eine ganz andere Kraft, als eine schlichte Aussage pro oder contra.
Trotzdem ist Storytelling vielen etwas suspekt. Es teilt das Los der Begriffe Digitalisierung, Industrie 4.0 oder Nachhaltigkeit, wird (in der Kommunikation) seit Jahren inflationär verwendet und prasselt im Stakkato in unterschiedlichster Form auf die Entscheider und Akteure ein. Dabei verwenden viele Promotoren den Ansatz überraschend oberflächlich, andere wiederum machen eine „Rocket-Science“ daraus. Dementsprechend ist Storytelling als impactstarke Herangehensweise gerade bei Top-Entscheidern oftmals beschädigt – absolut zu Unrecht.
Qualität macht den Unterschied
Liebe CEOs, GFs oder Eigentümer: Vergesst bitte, was ihr bisher vielleicht an irritierendem Firlefanz zu Storytelling gehört oder gelesen habt. Storytelling ist kein Selbstzweck und auch kein Marketing-Tschackatschacka, sondern ein Vehikel, eure (Management)Botschaften noch besser, intensiver, authentischer und nachhaltiger zu vermitteln. Ihr seid Alpha-Damen und -Herren mit einem unglaublichen Wissens- und Erfahrungsschatz. Öffnet eure persönlichen Schatzkisten und lasst eure Stakeholder – darunter natürlich vor allem auch eure MitarbeiterInnen – passend daran teilhaben. Und bedient euch im Bedarfsfall Profis, die verlässlich und fundiert unterstützen und begleiten. Denkt vor allem daran, dass eure Supports Management-Denke haben und Management-Sprech beherrschen sollten.
"The Audience is yours..."
Die Audience is yours, wenn eure Kommunikation nicht nur zielgruppenrelevant, sondern mit Analogien, Ankern und passender Verpackung ausgestattet ist. Ihr habt im wahrsten Sinne des Wortes etwas zu sagen. Und: Eine gute Story geht runter wie ein feines Gläschen Wein, auch wenn dem Empfänger vielleicht nicht alles in der Story gut schmeckt. Also verlasst euren ganz individuellen „Krawattenbunker“ und macht es wie de Saint-Exupéry: Lehrt die Sehnsucht nach dem Meer – und vergebt nicht einfach Aufgaben, wie das Schiff zu bauen sei. Denn ein Leader oder ein Vorgesetzter zu sein, sind zwei Paar Schuhe. Aber das ist wiederum eine andere Story…. 😉